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Ein Forex-Trading-Leitfaden für Anfänger

Lektion 6 von 6

Zinssätze und der Devisenmarkt

Zwischen den Zinssätzen und dem Devisenhandel besteht ein enger Zusammenhang. Der Wert einer Landeswährung wird von vielen Variablen bestimmt, doch der jeweils geltende Zinssatz gehört zu den Faktoren mit dem grössten Einfluss.

Daher ist die Beobachtung der Zinssätze der relevanten Zentralbanken sehr wichtig, vor allem, wenn Sie auf die Kursentwicklung der jeweiligen Währungen setzen wollen.

In dieser Lektion beschäftigen wir uns mit den Auswirkungen der Zinssätze auf die Währungen, mit den Zinsdifferenzen und damit, wie Sie mit diesen Daten die kurzfristigen Bewegungen eines Marktes prognostizieren können.

Warum sind Zinssätze für Devisenhändler wichtig?

Die Zinssätze sind für den Devisenhandel von zentraler Bedeutung: Wenn sich der Zinssatz eines Landes ändert, zieht seine Währung in der Regel mit.

Die Zentralbanken verfügen über mehrere geldpolitische Instrumente zur Beeinflussung der Zinssätze. Zu den gängigsten gehören folgende:

  • Offenmarktgeschäfte: der Kauf und Verkauf von Wertpapieren am Markt mit dem Ziel, die Zinssätze zu beeinflussen
  • Diskontsatz: Zinssatz, der Geschäftsbanken und anderen Einlageninstituten für Kredite der Kreditfazilität der jeweiligen Zentralbank berechnet wird

Darüber hinaus erfüllen die Zentralbanken zwei Hauptaufgaben: Sie steuern die Inflation und fördern die Stabilität des Wechselkurses ihres Landes. Hierzu ändern sie die Zinssätze und steuern die Geldmenge des Landes.

Wenn die Inflation über das vorgegebene Ziel hinaus ansteigt, erhöht die Zentralbank wahrscheinlich den Kreditzins (mit Hilfe ihrer politischen Instrumente), was die wirtschaftliche Aktivität bremsen und die Inflation wieder eindämmen kann.

Schon gewusst?

Die Zentralbanken leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass die Wirtschaft eines Landes so stabil wie möglich bleibt. Ein Beispiel hierfür ist der von der Coronapandemie weltweit ausgelöste wirtschaftliche Abschwung. Um weiteren Schaden von der US-Wirtschaft abzuwenden, ergriff die amerikanische Zentralbank Fed eine Reihe von Massnahmen.

Dazu gehörten u. a. umfangreiche Ankäufe von hypothekarisch gesicherten Wertpapieren und eine verstärkte Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen. Zahlreiche andere Länder ergriffen ähnliche Massnahmen, die sich alle auf den Wert der Weltwährungen auswirkten.

Der Wirtschaftszyklus und die Zinssätze

Die Wirtschaft kann entweder expandieren oder schrumpfen. Eine expandierende Wirtschaft gilt im Allgemeinen als positive Entwicklung, eine schrumpfende Wirtschaft als negative Entwicklung.

Im Zusammenhang mit Wirtschaften auf der ganzen Welt haben Sie wahrscheinlich schon einmal den Begriff „Rezession“ gehört. Rezession bedeutet, dass eine Wirtschaft schrumpft.

Wenn die Wirtschaft eines Landes wächst (d. h. wenn das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) positiv ist), beziehen die Verbraucher höhere Einkommen. Theoretisch führen höhere Gehälter zu höheren Ausgaben, wodurch die Geldmenge im Vergleich zur Menge der verfügbaren Waren steigt.

Eine solche Situation ist in der Regel der Auslöser für die Inflation – und hier kommen die steigenden Zinssätze ins Spiel. Wenn Sie einen Hypotheken- oder Autokredit mit einem an die Inflation gekoppelten Zinssatz haben, ist Ihnen vermutlich aufgefallen, dass Ihr Zinssatz gelegentlich ansteigt. Mit dieser Massnahme wollen die Zentralbanken die Kreditvergabe verteuern, um die Ausgaben zu senken.

Schrumpft dagegen die Wirtschaft (negatives BIP-Wachstum), so kommt es zu Deflation oder negativer Inflation. In diesem Fall senkt die Zentralbank die Zinssätze, um Ausgaben und Investitionen anzukurbeln. Dadurch können sich Unternehmen zu niedrigen Zinssätzen Geld leihen, um in Projekte zu investieren, was wiederum die Beschäftigung, das Wachstum und letztlich die Inflation ansteigen lässt.

Der Zyklus läuft in etwa so ab:

Wie wirken sich die Zinssätze auf Währungen aus?

Nachdem Sie erfahren haben, wie es zur Inflation kommt, denken Sie darüber nach, wie sich diese Veränderungen auf den Wert der Währung eines Landes auswirken könnten. Wie könnte sich beispielsweise Ihrer Meinung nach eine Zinserhöhung auf eine Währung auswirken?

Zinsentscheidungen wirken sich auf die Devisenmärkte aus, weil sich die Erwartungen von Händlern und Anlegern in Bezug auf die Zinssätze nach einer Ankündigung ebenfalls ändern, was letztlich zu einer Änderung der Nachfrage nach der betroffenen Währung führt.

In der folgenden Tabelle sind mögliche Szenarien dargestellt, die sich aus einer Änderung der Zinserwartungen ergeben können:

Markterwartungen Eingetretene Situation Auswirkung auf Devisen
Zinserhöhung Zinssatz unverändert Abwertung der Währung
Zinssenkung Zinssatz unverändert Aufwertung der Währung
Zinssatz unverändert Zinserhöhung Aufwertung der Währung
Zinssatz unverändert Zinssenkung Abwertung der Währung

Aber wie wirken sich die Zinsänderungen das auf den Devisenhandel aus? Schauen wir uns das genauer an einem konkreten Beispiel an.

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Anleger in der Schweiz und möchten eine grosse Summe Geld in einen risikoarmen Vermögenswert wie eine Staatsanleihe investieren. Die Zinssätze in den USA steigen, also kaufen Sie USD, um in US-Staatsanleihen zu investieren.

Wahrscheinlich sind Sie aber nicht die einzige Person, die sich für eine Anlage in diesem Land interessiert. Viele andere Anleger könnten ebenfalls versuchen, von den gestiegenen Renditen zu profitieren, und so die Nachfrage nach USD erhöhen. Infolge dieses Nachfrageanstiegs wertet der Dollar wahrscheinlich auf.

Darin liegt das Wesen der Beziehung zwischen Zinssätzen und Währungen.

Unten finden Sie ein Beispiel dafür, was passieren kann, wenn der Markt davon ausgeht, dass die Zentralbank die Zinssätze beibehält (oder unverändert lässt), aber die Zentralbank stattdessen die Zinssätze senkt.

In diesem Beispiel ging der Markt von einer Beibehaltung des Zinssatzes von 2 % durch die Reserve Bank of Australia aus, aber stattdessen senkte sie ihn auf 1.75 %. Der Markt wurde von der Zinssenkung überrascht.

Daraufhin wertete das Währungspaar AUD/USD ab, da die Anleger ihre australischen Dollar verkauften, um Verluste aufgrund einer Zinssenkung zu vermeiden, die wahrscheinlich eine negative Inflation bedeutete.

Zinsdifferenzen am Devisenmarkt

Zinsdifferenzen sind nichts anderes als Unterschiede in den Zinssätzen zwischen zwei Ländern. Das bedeutet, dass der Zinssatz eines Landes in einem Devisenpaar steigen kann, während der Zinssatz des anderen Landes sinkt.

Nehmen wir an, Sie gehen davon aus, dass die USA plötzlich die Zinsen anheben werden, was zur Folge haben könnte, dass der Dollar an Wert gewinnt.

Um Ihre Gewinnchancen zu erhöhen, könnten Sie eine Long-Position auf den USD gegenüber einer Währung eingehen, für die eine Zinssenkung erwartet wird. Sie nutzen also einfach die voraussichtliche Divergenz in der Geldpolitik der beiden Länder aus.

Änderungen der Zinsdifferenzen gehen mit der Aufwertung und Abwertung eines Währungspaares einher. Dieser Zusammenhang lässt sich am besten visuell nachvollziehen.

Im folgenden Kerzenchart wird das Währungspaar AUD/USD verglichen, wobei die Differenz zwischen den zweijährigen AUD-Staatsanleihen und den USD-Staatsanleihen (in Orange) dargestellt ist.

Die Relation zeigt, dass mit sinkender Rendite der AUD-Anleihen im Vergleich zu den USD-Anleihen auch die Währung an Wert verliert.

Zinsdifferenzen werden häufig bei sogenannten Carry-Trades genutzt. Dabei wird Geld aus einem Land mit einem niedrigen Zinssatz geliehen und in einem Land mit einem höheren Zinssatz angelegt.

Ein Carry-Trade ist jedoch mit Risiken verbunden – zum Beispiel, wenn die Anlagewährung gegenüber der Währung, die zur Finanzierung des Geschäfts verwendet wird, an Wert verliert.

Strategien für den Handel mit Blick auf die Zinssätze

Sie können z. B. auf das Ergebnis einer Zinsveröffentlichung setzen, indem Sie die Währung kaufen oder verkaufen, sobald die Daten veröffentlicht werden.

Erfahrene Devisenhändler versuchen, mögliche Änderungen am Tonfall der Zentralbanker zu erkennen, da ihre Aussagen Markterwartungen verändern können. Dafür beobachten sie wichtige Wirtschaftsvariablen wie die Inflation und tätigen ihre Trades, bevor die Zentralbank die Nachrichten verkündet.

Eine andere Methode besteht darin, auf einen Rückfall (Pullback) des Währungspaares nach der Bekanntgabe der Zinssätze zu warten. Wenn die Zentralbank die Zinssätze unerwartet anhebt, wertet die Währung voraussichtlich auf. Sie müssen Ihre Positionen jedoch nicht zu diesem Zeitpunkt ausführen. Alternativ können Sie auch warten, bis die Währung an Wert verliert („Pullback“), bevor Sie die Kaufposition ausführen.

Zusammenfassung

  • Zinsentscheidungen haben in der Regel einen grossen Einfluss auf die Devisenmärkte.
  • Der eigentliche Faktor ist jedoch die Änderung der Nachfrage nach einer Ankündigung.
  • Der Handel mit Währungen mit grösseren Zinsdifferenzen kann die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Handels erhöhen.
  • Halten Sie sich über Wirtschaftsdaten auf dem Laufenden, z. B. mit einem Wirtschaftskalender, um mögliche Änderungen der Markterwartungen vorherzusagen.
Lektion abgeschlossen